Beschluss vom 30.07.2025 -
BVerwG 6 BN 1.25ECLI:DE:BVerwG:2025:300725B6BN1.25.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 30.07.2025 - 6 BN 1.25 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:300725B6BN1.25.0]

Beschluss

BVerwG 6 BN 1.25

  • OVG Berlin-Brandenburg - 17.02.2025 - AZ: 5 A 2/21

In der Normenkontrollsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 30. Juli 2025 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kraft, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Hahn und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gamp beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 17. Februar 2025 wird zurückgewiesen.
  2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1 Die Antragstellerin, eine Hundehalterin, wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen die Anordnung der generellen Leinenpflicht für Hunde in einer ordnungsbehördlichen Verordnung (§ 14 der Stadtordnung) der Antragsgegnerin.

2 Ihr Normenkontrollantrag hatte keinen Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen das Normenkontrollurteil nicht zugelassen. Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit der Beschwerde, der die Beklagte entgegentritt.

II

3 Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg. Aus den Darlegungen in der Beschwerdebegründung, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO beschränkt ist, ergibt sich weder die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (1.) noch ein Verfahrensmangel des Normenkontrollgerichts im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 i. V. m. § 86 Abs. 1 VwGO (2.).

4 1. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache nur zu, wenn eine konkrete fallübergreifende und bislang höchstrichterlich ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist. Die Beschwerde muss gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erläutern, dass und inwiefern die erstrebte Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (BVerwG, Beschlüsse vom 23. Januar 2001 - 6 B 35.00 - WissR 2001, 377 Rn. 2, vom 9. Juli 2019 - 6 B 2.18 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 31 Rn. 7 und vom 27. März 2024 - 6 B 71.23 - N&R 2024, 168 Rn. 7).

5 Diese Darlegungsanforderungen verfehlt die im Stile einer Berufungsbegründung abgefasste Beschwerdebegründung vollständig. Sie stellt den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts zur abstrakt-generellen Gefährlichkeit nicht angeleinter Hunde im polizeirechtlichen Sinne schlicht ihre eigene Würdigung der Sachlage entgegen. Des Weiteren hält sie die alle Hunde erfassende und räumlich das gesamte Stadtgebiet - mit Ausnahme der Hundeauslaufgebiete - umfassende Anordnung eines Leinenzwangs für unverhältnismäßig, ohne insoweit abstrakte und über den Einzelfall hinausweisende Rechtsfragen des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) aufzuwerfen. Der Sache nach wendet sich die Beschwerde im Gewande der Grundsatzrüge gegen die von ihr als fehlerhaft erachtete Rechtsanwendung des Normenkontrollgerichts im konkreten Fall. Damit kann sie eine Revisionszulassung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht erreichen.

6 2. Soweit die Beschwerde eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) rügt, weil das Oberverwaltungsgericht "... nicht die Örtlichkeiten und die tatsächlichen Möglichkeiten der Hundehalter besehen" habe, genügt ihr Vorbringen nicht den an eine Aufklärungsrüge zu stellenden Darlegungsanforderungen (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Nach dieser Vorschrift muss der Beschwerdeführer schlüssig darlegen, welche Aufklärungsmaßnahmen das Gericht hätte ergreifen müssen, welche Feststellungen es dabei voraussichtlich getroffen hätte und inwiefern dies zu einer für den Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätte führen können. Auch muss er darlegen, dass er in der Tatsacheninstanz auf eine bestimmte Sachaufklärung hingewirkt hat oder hierzu nach dem Prozessverlauf außerstande gewesen ist. Denn die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse in der Tatsacheninstanz zu kompensieren, vor allem wenn der Beschwerdeführer es unterlassen hat, einen Beweisantrag zu stellen. Deshalb muss entweder dargelegt werden, dass bereits in der Tatsacheninstanz auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 12. Dezember 2017 - 6 B 30.17 - juris Rn. 14 und vom 3. August 2018 - 6 B 124.18 - juris Rn. 9, jeweils m. w. N.). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht ansatzweise gerecht.

7 3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ab.

8 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG sowie der Ziffer 35.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2025.